An einem warmen Frühlingsabend bin ich mit dem Fahrrad unterwegs und halte dabei Ausschau nach Vögeln. Seit mehreren Wochen hat es nicht mehr richtig geregnet, und vielerorts ist der Boden inzwischen sehr trocken. Plötzlich entdecke ich einen Brunnen am Wegrand. Gedanklich versetze ich mich in die Lage der Vögel und stelle mir vor, wie durstig sie bei diesem trockenen Wetter sein müssen. Der Brunnen erscheint mir daher als ideale Wasserquelle für sie. Praktischerweise befindet sich direkt neben dem Brunnen eine Bank. Also nehme ich auf dieser Platz – mit der Kamera stets „schussbereit“ in der Hand, um unnötige Bewegungen zu vermeiden und die Vögel nicht zu verschrecken. Aus der Ferne höre ich bereits ihr Gezwitscher in den Wipfeln der Tannenbäume. Nach kurzer Zeit nähern sich die ersten Vögel und landen in einer nahegelegenen Vogelbeere – nur noch wenige Meter von mir entfernt.

Red Crossbill · Fichtenkreuzschnabel (Männchen) // 1/800 sec | f/6.3 | ISO 1000 | 600 mm
Ein männlicher Fichtenkreuzschnabel sitzt schön freigestellt auf einem Ast der Vogelbeere. Männchen sind an ihrem leuchtend rötlichen Gefieder zu erkennen. Ich freue mich sehr über mein erstes Foto dieses wunderschönen Vogels. Zuvor konnte ich diese Art nur in Südtirol fotografieren. Dass sie sich auch beinahe direkt vor meiner Haustür zeigt, hätte ich nie erwartet.

Red Crossbill · Fichtenkreuzschnabel (Weibchen) // 1/1000 sec | f/6.3 | ISO 2500 | 600 mm
Gespannt warte ich darauf, dass die Vögel den Brunnen anfliegen. Anfangs sind sie noch zögerlich und prüfen die Lage. Schliesslich landet ein Weibchen auf einem nahe gelegenen Ast. Es ist an seiner grüngelblichen Färbung gut vom Männchen zu unterscheiden.

Red Crossbill · Fichtenkreuzschnabel (Männchen) // 1/1000 sec | f/6.3 | ISO 1250 | 600 mm
Kurz nach dem Weibchen folgt ein Männchen. Dieses Muster beobachte ich den ganzen Abend. Die Weibchen scheinen mutiger zu sein.

Red Crossbill · Fichtenkreuzschnabel (Jungvögel) // 1/1000 sec | f/6.3 | ISO 1600 | 600 mm
Etwas später erscheinen auch Jungvögel. Sie sind an ihrer graubraunen oder bräunlichen Längszeichnung und dem noch nicht voll ausgefärbten Gefieder zu erkennen.

Red Crossbill · Fichtenkreuzschnabel // 1/1000 sec | f/6.3 | ISO 1000 | 445 mm
Nach und nach erscheinen immer mehr Fichtenkreuzschnäbel. Meistens fliegen sie zuerst auf einen Ast, bevor sie zum Trinken an den Brunnenrand gelangen. Bald sammeln sich fast ein Dutzend Vögel am Wasser – ein wunderbares Naturschauspiel.


Eurasian Siskin · Erlenzeisig // Weibchen (links): 1/1250 sec | f/6.3 | ISO 1000 | 480 mm;
Männchen (rechts): 1/1000 sec | f/6.3 | ISO 1600 | 600 mm
Erst viel später kommen zwei Erlenzeisige. Wieder landet das Weibchen zuerst und trinkt, gefolgt vom Männchen. Als ein Spaziergänger vorbeiläuft, fliehen alle Vögel, kehren jedoch nach kurzer Zeit zurück.

Common Chiffchaff · Zilpzalp // 1/640 sec | f/6.3 | ISO 1600 | 600 mm

Eurasian Blue Tit · Blaumeise // 1/2500 sec | f/6.3 | ISO 2000 | 600 mm
Nebst den Fichtenkreuzschnäbeln lassen sich auch andere Arten blicken, darunter ein Zilpzalp und eine Blaumeise.

Mistle Thrush · Misteldrossel // 1/800 sec | f/6.3 | ISO 2000 | 600 mm
Einige Drosseln beobachte ich nur aus grösserer Entfernung. Sie scheinen scheuer zu sein und halten Abstand, während sich die Fichtenkreuzschnäbel erstaunlich zutraulich zeigen.

Red Crossbill · Fichtenkreuzschnabel (Jungvogel) // 1/2000 sec | f/6.3 | ISO 3200 | 480 mm
Ein junger Fichtenkreuzschnabel fliegt direkt auf das Brunnenrohr und betrachtet mich neugierig – ein ganz besonderer Moment.

Red Crossbill · Fichtenkreuzschnabel (Weibchen) // 1/2000 sec | f/6.3 | ISO 1250 | 600 mm


Red Crossbill · Fichtenkreuzschnabel // Jungvogel (links): 1/2500 sec | f/6.3 | ISO 2000 | 600 mm;
Männchen (rechts): 1/2500 sec | f/6.3 | ISO 2000 | 600 mm

Red Crossbill · Fichtenkreuzschnabel (Weibchen) // 1/1000 sec | f/6.3 | ISO 1250 | 600 mm
Das Weibchen scheint sich am Erlenzeisig zu stören – es öffnet den charakteristisch gekreuzten Schnabel in einer drohenden Geste. Bald jedoch lässt es davon ab. Auffällig ist die Ähnlichkeit beider Arten in Färbung und Muster, auch wenn sie biologisch klar getrennt sind.

Red Crossbill · Fichtenkreuzschnabel (Weibchen) // 1/2500 sec | f/6.3 | ISO 2000 | 600 mm
Mit fortschreitender Abenddämmerung wird das Licht immer schöner. Während der sogenannten „goldenen Stunde“ sind die Lichtverhältnisse besonders schön.

Red Crossbill · Fichtenkreuzschnabel (Weibchen) // 1/1000 sec | f/6.3 | ISO 1000 | 600 mm

Red Crossbill · Fichtenkreuzschnabel (Weibchen) // 1/1000 sec | f/6.3 | ISO 1600 | 600 mm
Je nach Kamerawinkel entsteht eine ganz andere Wirkung. Dieses Bild zeigt ein Weibchen vor einem dunkleren Hintergrund – ein starker Kontrast zur vorherigen Aufnahme.

Red Crossbill · Fichtenkreuzschnabel (Jungvogel) // 1/2000 sec | f/6.3 | ISO 1250 | 600 mm
Bevor es dämmert, wage ich mich noch näher an den Brunnen heran, um ein Porträt zu versuchen. Und tatsächlich – die Vögel zeigen sich zutraulich, und mir gelingt eine Aufnahme mit beeindruckender Schärfe.

Eurasian Siskin · Erlenzeisig (Weibchen) // 1/2000 sec | f/6.3 | ISO 2000 | 600 mm
Auch ein Erlenzeisig-Weibchen lässt sich aus nächster Nähe fotografieren. Der dunkle Hintergrund hebt es hervorragend hervor.

Red Crossbill · Fichtenkreuzschnabel (Jungvogel) // 1/1250 sec | f/6.3 | ISO 1250 | 600 mm
Für diese Aufnahme eines Jungvogels habe ich mich tiefer positioniert. Der Übergang vom Grün des Waldes zum Blau des Himmels harmoniert wunderbar mit dem gelblichen Gefieder. Ein Bild, das für mich eine besondere Wirkung hat.

Red Crossbill · Fichtenkreuzschnabel (Männchen) // 1/1250 sec | f/6.3 | ISO 1250 | 600 mm
Ein weiteres Männchen erscheint, dessen Gefieder im Abendlicht besonders intensiv rot wirkt. Dies liegt am warmen Licht der tief stehenden Sonne, das die Farben zusätzlich betont. Die rötliche Färbung entsteht durch carotinoidhaltige Nahrung – je nach individueller Ernährung kann die Intensität der Farbe variieren.

Red Crossbill · Fichtenkreuzschnabel (Jungvogel) // 1/2000 sec | f/6.3 | ISO 2500 | 600 mm
Kurz vor der Dämmerung gelingt mir noch dieses Bild. Auffällig ist der helle Überaugenstreif – ein typisches Merkmal junger Fichtenkreuzschnäbel. Mich erinnert der Vogel mit seinem gekrümmten Schnabel und der lebhaften Färbung fast an einen kleinen Papagei. Ein tropisch anmutender Vogel in den Alpen – was meint ihr dazu? Schreibt es gerne in die Kommentare!
Wissenswertes:
Fichtenkreuzschnäbel ernähren sich hauptsächlich von den Samen verschiedener Nadelbäume – vor allem Fichte, Kiefer und Lärche. Mit ihrem überkreuzten Schnabel können sie geschickt die Zapfen aufhebeln. Sie brüten unabhängig von der Jahreszeit, oft auch mitten im Winter, sofern genügend Nahrung vorhanden ist.
Quellen:
Vogelporträt: Fichtenkreuzschnabel – NABU. (n.d.). NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V. https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/voegel/portraets/fichtenkreuzschnabel/
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